Heimatgefühle: Wie ich mein Herz an die Kapverden verlor
Sandra Westermann ist Reisegestalterin und -beraterin für die Kapverdischen Inseln bei REISEN MIT SINNEN. In ihrem Bericht erzählt sie von ihren Erlebnissen, als sie das Archipel vor der Westküste Afrikas das erste Mal bereiste und wie es dazu kam, dass sie dort dann zehn Jahre lang lebte.
Ab wann wird ein dir unbekanntes Land zu einem Stück Heimat? Wann nistet es sich in deinem Herzen ein und aus Fremden werden plötzlich Freunde? Ich glaube, es gibt nicht den einen BÄM-Moment, sondern es sind vielmehr die kleinen besonderen Momente und Ereignisse, die sich wie kleine Perlen aneinanderreihen und irgendwann ein Ganzes ergeben. So erging es mir, als ich nach 10 Jahren die Kapverden verließ und dabei wusste, dass dieses bezaubernde Land und seine liebenswerten Menschen längst einen festen Platz in meinem Herzen erobert hatten. Aber gehen Sie mit mir zurück zum Anfang …
Erste Begegnungen und Sprachbarrieren
Voller Neugier, Enthusiasmus und mit viel Gepäck stand ich im Sommer 2005 am Flughafen von Fogo und sah dem freundlich blickenden Kapverdier entgegen, der ein Schild mit meinem Namen hochhielt. Ich lief auf ihn zu, zeigte auf mich und fragte, ob er Englisch oder Spanisch spreche. „No, desculpa“, erwiderte er freundlich. Macht nichts, dachte ich – es gibt ja noch Hände und Füße. Nachdem das Gepäck eingeladen war, fuhren wir zum Hauptbüro von unserer Agentur vista verde tours, wo man mir erklärte, dass Joao, mein freundlicher Fahrer, gleich eine Inseltour mit mir unternehmen wolle.

Gesagt, getan. Wir fuhren im Kleinbus Richtung Mosteiros und Joao fing an, mit mir zu reden. Nur, dass ich nichts verstand. Meine wiederholten Versuche, ihm zu signalisieren, dass ich Kreolisch nicht beherrsche, wurden ignoriert. Er zeigte mir Fotos von seiner Frau und seinen Kindern, ermöglichte Fotostopps und ließ mich die bezaubernde Landschaft bewundern. In kleinen Dörfern plauderte er mit Bekannten, holte seine Nichten von der Kinderdisco ab, lieferte Eier aus. Ich fing an, mich auf Joaos Kommunikationsbemühungen, das Land und die Bewohner einzulassen, antwortete durch freudiges Nicken, zeigte dann und wann den Daumen hoch und ließ viele „Ooohs“ und „Aaahs“ verlauten. Welch abwechslungsreiche Fahrt! Ich denke, schon an diesem Tag hat sich meine erste Perle an die Kette gefädelt.
Im Nachhinein stellte sich heraus, dass Joao meinte, verstanden zu haben, ich hätte zwei Kinder, was sich in Windeseile auf der Insel verbreitete, und für ständiges Nachfragen nach meinen Kleinen in Deutschland bei meinen Unternehmungen vor Ort sorgte. – Das war, nebenbei bemerkt, nur ein Grund, warum ich schnellstens Kreolisch gelernt habe.
Unerwartete Gastfreundschaft
Meine zweite Perle entdeckte ich bei einem privaten Fest. Ich fuhr nach Brava, um eine weitere Insel kennenzulernen. Besuchen wollte ich eine Fischerfamilie, die für unsere Gruppen immer ein Barbecue am Strand zaubert. Unangenehmerweise platzte ich mitten in die Geburtstagsfeier des kleinen Sohns, was der Familie aber nichts ausmachte. Der Tisch bog sich unter den vielen Köstlichkeiten: Pasteis, kleine Küchlein, Catchupa – das Nationalgericht der Kapverden – und strahlende Gesichter um mich herum. Die Gitarre wurde herausgeholt, ein Eimer als Trommel benutzt, die Hände im Rhythmus aneinander geklatscht. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal kapverdische Musik gehört haben?

Ich finde, die Musik regt sofort an, mit dem Fuß zu wippen. Das wurde sofort als Bewegungsdrang fehlinterpretiert: Ich wurde in die Mitte des Raums gezogen und aufgefordert, mit dem Vater zu tanzen. Keinen Tanzschritt habe ich beherrscht, aber die Lebenslust und Fröhlichkeit der Musik ist mir bis heute geblieben. Übrigens erbarmten sich die Kinder bald und brachten mir dann geduldig die Grundschritte bei.

Momente, die das Herz berühren
Der sternenklare Himmel in der Cha auf Fogo – noch eine Perle. Der Aufstieg auf den 2.800 Meter hohen Vulkan; das Bohnenpuhlen mit den kapverdischen Frauen, das Gefühl, dazuzugehören; das Lachen über meine missglückten Versuche, das Traditionsgericht zu kochen; der Fischer auf dem Markt, der mir meinen Lieblingsfisch zurückhält; die Sonnenuntergänge mit einem Glas Fogo-Wein von Pipis Bar zu genießen … All das sind meine Perlen, die die Kapverden zu meiner zweiten Heimat werden ließen.

Ein Archipel, der verzaubert
Ähnlich wie Sandra empfand Kai Pardon, Gründer und Geschäftsführer von REISEN MIT SINNEN, als er vor etwa 25 Jahren die Kapverden für sich entdeckte. Die Inselgruppe zog ihn schnell in ihren Bann, so dass er sich entschied, mit seinem noch jungen Reiseunternehmen den nachhaltigen Tourismus dorthin zu fördern. Heute gehören die Kapverden zu den Schwerpunktzielen von REISEN MIT SINNEN. Sandra Westermann berät auch zehn Jahre nach ihrer Rückkehr von dort mit voller Leidenschaft und großer Kenntnis Interessenten zu Reisen in ihre „zweite Heimat“, die sie auch selbst immer wieder besucht.
Bilder:
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