Kilimanjaro – Zwischen Himmel und Hölle
Seitdem ich den Kilimanjaro mit seinem schneebedeckten Kibo-Gipfel von kenianischer Seite gesehen habe, bin ich fasziniert von diesem Berg. So sehr, dass seitdem der Wunsch in mir schlummert, diesen fantastischen Vulkan einmal zu erklimmen, solange er noch die schneebedeckte Kappe hat.
Tansania, nun ist es so weit – die Machame Route in 6 Tagen. Über das Machame Camp, das Shira Camp und das Barranco Camp geht’s hinauf zum auf 4.670 Metern gelegenen Barafu Camp. Meine Reisegefährten sind eine charmante, internationale Truppe; wir übernachten in Igluzelten.
Erster Blick auf den Kibo
Bereits am ersten Abend zeigt sich in der Dämmerung kurz der Kibo, schneebedeckt. Der Kibo mit Uhuru Peak ist neben dem Mawenzi und dem Shira der Hauptgipfel des Kilimanjaro Bergmassives. Die Dämmerung und das Schauspiel des Kibos dauern keine 10 Minuten, dann ist es stockdunkel. Es ist bereits ganz schön kalt. LALA SALAMA SIMBA – Schlafe wie ein Löwe.
Während des Aufstiegs bezwingen wir in den folgenden Tagen die Barranco Wall. Eine riesige, imposante Felswand, die es kletternd und kraxelnd hinauf geht. Natürlich bin ich in der Zwischenzeit höhenkrank, mir geht es sehr mäßig, die Aussicht und die Kulisse entschädigen aber und ziehen mich in ihren Bann.
Das Barafu Camp ist schließlich das Ausgangscamp, von hier aus geht es gegen Mitternacht los zum finalen Aufstieg.

Kampf mit der Müdigkeit
Es sollen 7 lange Kilometer bergauf zum Uhuru Peak auf 5.895 Metern werden. Bei jedem Schritt, den man vormacht, rutscht man einen halben auf dem lockeren Boden wieder zurück. Dennoch kommen wir die ersten beiden Stunden richtig gut voran. Allerdings ist der Zugang zu meinem Camelbag eingefroren, sodass ich selbst nichts mehr zu trinken habe. Guide Norbert hat meine Thermoskanne mit dem heißen Gingertea in seinem Rucksack und so muss ich ihn alle 10 Minuten bitten, mir doch bitte etwas zu trinken zu geben. Das hält wenigstens wach. Schließlich kann ich nicht widerstehen und frage, wie lange es etwa noch bis Stella Point ist. Stella Point ist der erste Punkt, an dem die Machame Route auf den Kraterrand stößt. Die Antwort will ich nicht wirklich hören. Es sollen 3 lange Stunden werden.

Körperlich bin ich wirklich gut in Schuss, ich habe weder die für die Höhenkrankheit typischen Kopfschmerzen noch ist mir schlecht. In Anbetracht der noch verbleibenden 3 Stunden überkommt mich aber eine gnadenlose Müdigkeit. Ich lerne, auch während des Wanderns schlafen zu können. Jetzt ist es superanstrengend, mein Blick hängt an den Hacken von Norbert – ich schlurfe monoton hinter ihm her. Während einer kurzen Gingertea-Pause schlafe ich innerhalb von Sekunden auf einem Felsen sitzend ein. Ein „Hey Hanna, don´t sleep“ holt mich in die dunkle Nacht zurück. Dann allerdings erwische ich auch Norbert, wie er ganz kurz in einer anderen Welt unterwegs ist. Die Müdigkeit wird immer quälender. Jetzt fordert der Kibo ganz viel mentale Stärke. Die Unterhaltung zwischen Norbert und mir beschränkt sich jetzt nur noch aus einem „Are you okay?“ und einem kurzen „hm“.
Ankunft am Stella Point
Um 5 Uhr kann ich dem Blick auf die Uhr nicht mehr widerstehen und freue mich, dass in einer Stunde ein neuer Tag diese lange Nacht ablöst. Gegen 6 Uhr sehe ich bereits das erste Ziel, das Schild vom Stella Point.
6:30 stehe ich fotoparat vor dem Schild Stella Point auf 5.745 Metern. Ich versuche mich an einem kleinen Frühstück aus Strawberry Keksen und einer Tüte Mangosaft. An Essen ist allerdings nicht zu denken, ein wenig japse jetzt auch ich nach Luft, während ich mich ergriffen auf dem Dach von Afrika umschaue. In diesen Minuten friert mir der Mangosaft, den ich in der Hand halte, ein. Es ist bitterkalt und windig und hier bin ich heilfroh um jede weitere Schicht mehr, die ich angezogen habe.
Der Gipfel: Uhuru Peak
Zum Uhuru Peak ist es nun nur noch ein Katzensprung. Von Müdigkeit ist nichts mehr zu spüren, ich bin hellwach und stehe plötzlich vor dem Congratulation Schild vom Uhuru Peak. Der Morgen heute wolkenlos kann man gefühlt ganz Afrika überblicken. Ich bin umgeben von Jahrtausend Jahren alten Gletschern, halte mein Mangoeis immer noch in der Hand und habe es tatsächlich geschafft.
Bei -10 Grad ist es eisigkalt hier oben, der Wind verstärkt es noch so sehr, dass es keine 20 Minuten dort oben auszuhalten ist. Ich herze meine Mitreisenden und unsere süßen Guides und möchte eigentlich ganz schnell wieder runter.
Der Abstieg wird rasant. Wir sliden voller Adrenalin in riesigen Sprüngen den Berg hinunter. Die erste halbe Stunde ist es noch ein Riesenspaß, wir fühlen uns wie Kinder, sauen und stauben uns ein, quietschen und grölen vor Freude. Dann merke ich, dass es richtig auf die Knochen geht. Die Konzentration weicht der nun wiederkehrenden bleiernen Müdigkeit.

Auch jetzt schlafe ich während der Pausen wieder sitzend auf einem Felsen innerhalb von Sekunden ein. Unsere Guides aber drängen weiter, das Barafu Camp in ganz weiter Ferne unter uns ist bereits zu sehen. Mein Körper funktioniert nur noch, die letzten 9,5 Stunden hat der Kibo ihm alles abverlangt.

Endlich wieder im Barafu Camp angekommen bin ich nicht in der Lage auch nur irgendetwas zu denken oder zu fühlen. Weiß nicht, ob ich stolz oder euphorisch sein soll – bin einfach nur total leer. Völlig eingesaut und verstaubt schaffe ich es gerade noch meine Boots auszuziehen und falle schon auf dem Weg in die Waagerechte in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Den Tag darauf wandern wir wieder durch die Regenwaldebene, die wir auch am ersten Tag durchquert haben. Es sollen heute 10 km steil bergab in 3 Stunden werden. Tage später noch werden meine Knochen und meine Hüfte quietschen und knarren wir das Gerippe eines ausrangierten Schiffswracks irgendwo am Strand von Bangladesch.
Ich werde immer langsamer, möchte eigentlich gar nicht ankommen. Ich möchte auch nicht plaudern und reden, nur für mich sein und vor mich hin bummeln. Die letzten Stunden, halbe Stunden, viertel Stunden und Minuten für mich genießen.
Dann ist es vorbei.
Zurück in der Zivilisation
Zurück in der Zivilisation stehe ich vor einem WC und muss einfach nur den Knopf drücken, kann mir sogar 2x die Hände unter fließend, warmen Wasser waschen. Den Blick in den Spiegel aber vermeide ich. Ich habe 6 Tage nicht geduscht und mir die Mütze niemals abgenommen.
8 Tage später auf meinem Rückflug von Sansibar fliegen wir in 10.000 Metern Höhe direkt über den Kibo und ich denke: „Hey, von hier oben ist es viel näher als von unten!“
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„Begegnungen auf Augenhöhe erleben!“ ist das Leitmotto von a&e erlebnis:reisen, das grundlegend im Reiseprogramm und der Kooperation mit allen unseren Partnern und beteiligten Leistungsträgern verankert ist! Respektvoller Umgang mit den Menschen und der Natur bilden seit nunmehr 35 Jahren die Basis allen Handelns. Als Ziel haben sie sich die Förderungen und Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus gesetzt, der soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung trägt.
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