9. Reiseetappe: Die Lederschildkröten von Trinidad
Heute beginnt eine echte Abenteuerreise. Von Namibia aus überquere ich als blinder Passagier eines Frachtschiffes den gesamten Südatlantik. Mein Ziel ist die Karibikinsel Trinidad, denn dort unterstützt der Spezialreiseveranstalter Kolibri-Reisen seit 10 Jahren das Projekt Nature Seekers, das ich unbedingt kennenlernen möchte.
Der träge Frachter kriecht wie eine Schnecke über den Ozean Richtung Nord-Westen. Ob ich geradeaus, nach rechts oder nach links schaue – bis zum Horizont sehe ich nichts als das klare, blaue Meer. Ab und zu tauchen Delfine und Wale an der Wasseroberfläche auf. Ich denke an meine bisherigen Projektbesuche und den Einsatz vieler Menschen, die Gewässer weltweit und damit den Lebensraum der Tiere zu schützen. „Bald komme ich an“, freue ich mich, denn auf Trinidad erwartet mich ein ganz besonderer Meeresbewohner.
Nach über 20 Tagen als blinder Passagier, lasse ich mich zehn Kilometer vor der Küste Venezuelas unbemerkt vom Schiff tropfen. „Welcome on the shores of Trinidad“, empfängt mich Matthew, der lokale Reiseleiter von Kolibri-Reisen. „Kannst du dir vorstellen, dass es an unseren Stränden Schildkröten gibt, die bis zu 500 kg wiegen?“ fragt mich Matthew. Ich schaue ihn verblüfft an. „Die größten Meeresschildkröten der Erde, die Lederschildkröten, kommen jedes Jahr von März bis Juli an unsere Strände, um hier ihre Eier abzulegen. Sie sind ca. zwei Meter lang und erreichen tatsächlich dieses unglaubliche Gewicht. Den Rekord, mit 916 kg, hält eine Lederschildkröte, die am Strand eines kleinen Ortes in Wales gesichtet wurde.“
Lederschildkröten sind, wie viele ihrer Art, vom Aussterben bedroht. Deshalb beaufsichtigt Nature Seekers die Schildkröten bei Ihrer Eiablage an den Stränden der trinidadischen Ostküste – Tag und Nacht. „Mehrere hundert Schildkröten kommen in dieser Zeit täglich an unsere Strände– das sind etwa 80 Prozent aller Lederschildkröten, die in der Karibik ihre Eier legen,“ erklärt mir Matthew fasziniert. Die Weibchen graben mit ihren Flossen Löcher in den Sand, legen zwischen 100 und 150 Eier hinein und überdecken sie wieder. Danach robben sie zurück ins Meer. Das einzigartige Naturschauspiel dauert insgesamt etwa vier Stunden, jedes Weibchen wiederholt diesen Vorgang drei bis vier Mal während der Saison.
Matthew erzählt von weiteren Projekten der Organisation. „Besonders wichtig ist auch die Arbeit mit der Bevölkerung. Seit Jahren schulen wir innerhalb unserer verschiedenen „Education Programmes“ das allgemeine Umweltbewusstsein der Einheimischen und geben Workshops zu Themen wie Meeresschutz und Ökotourismus mit dem Fokus auf die Lederschildkröte und ihren Lebensraum.
Diese Maßnahmen haben in den letzten Jahren große Wirkung gezeigt und das Bewusstsein der Menschen verändert. Bis vor wenigen Jahren galt die Schildkröte unter Einheimischen als Leckerbissen – heute sind die Insulaner Initiatoren von Schutzprogrammen für die großen Meeresbewohner. Auch das Abfallsystem hat sich verbessert und so landet der Müll nun nicht mehr im Meer.
In dem kleinen Fischerort Matura gibt es sogar ein kleines Informationszentrum zu den Lederschildkröten und den verschiedenen Schutzprojekten. Gemeinsam mit den Dorfbewohnern und Nature Seekers bietet Kolibri Reisen eine Projektreise an, während der die Gäste von Einheimischen alles zu den Meeresbewohnern erfahren.
„Wir laden dich herzlich ein, noch einmal zwischen März und Juli bei uns vorbei zu kommen, Drippy!“ Dieser Einladung werde ich sicher folgen.
(Fotos von Michael Finkbeiner)