Traum oder Realität? Paddeln auf Trinkwasser
Mehr als zehntausend Reise-Kilometer liegen bereits hinter mir – Zeit, mich ein wenig auszuruhen. So habe ich beschlossen, mich von La Gomera bis Ghana einfach treiben zu lassen. Auf den leichten Wogen des warmen Meerwassers nehmen mich der Kanaren- und der Guineastrom mit Richtung Süden. Es schaukelt seicht, Wölkchen ziehen vorbei und schon bald fallen mir die Augen zu.
Ich träume von einer riesigen Seenlandschaft – Wasser bis an den Horizont und weiter. Umgeben von tiefgrünen Wäldern, Felsen und dem Gesang der Vögel, widmen sich hier in Värmland, im Südwesten Schwedens, Millionen glasklarer Wassertropfen nichts anderem als dem Müßiggang. Während ich es meinen schwedischen Freunden gleichtue, treffe ich auf eine Reisegruppe von Rucksack Reisen, die mit dem Kanu die Gegend erkundet.
„Wir paddeln hier auf Trinkwasser“, ruft Klaus von Rucksack Reisen freudig während er seinen Becher aus dem Kanu in den See hält und es volllaufen lässt. Unter den staunenden Augen seiner Gäste trinkt er das Wasser ungefiltert – einfach so. „Siehst du das Drippy? Egal, in welche Richtung du dich drehst, weit und breit ist keine Industrie, kein Feld, kein Haus – und außer uns – keine Menschenseele zu sehen!“ In Schweden leben auf dem Land ca. 16 Personen pro Quadratkilometer, zum Vergleich sind es in Deutschland 228. Daher ist das Wasser von Verunreinigung weitestgehend geschützt.
Damit das, trotz des Tourismus, so bleibt führt Rucksack Reisen seine Gäste durch Schweden, ohne Spuren zu hinterlassen: „Leave no traces“ – lautet seit 20 Jahren das Motto für die Touren des Reiseveranstalters. „Da uns als begeisterten Outdoorern der Schutz der Natur und die Bewahrung der Lebensräume von Tieren, Pflanzen und Menschen besonders am Herzen liegen, ist es selbstverständlich, dass wir uns vorbildlich verhalten. Daher legen wir großen Wert auf die Schulung unserer Reiseleiter und die Vorbereitung unserer Gäste auf diese Art des besonders naturschonenden Reisens,“ erläutert Klaus.
Weder Seife noch andere Stoffe wie z.B. Sonnencreme oder Essensreste dürfen direkt oder indirekt in Oberflächengewässer eingetragen werden. Neben der direkten Kontaminierung von Trinkwasser stören solche zusätzlichen Stoffe den Wasserhaushalt – auch dann – wenn sie ungiftig und biologisch abbaubar sind. „Deshalb waschen wir uns nicht direkt im Fluss oder im See, sondern immer mindestens 30 Meter vom Ufer entfernt.“ Es ist ratsam sich dazu Stellen mit dichtem Bewuchs bzw. Humusauflage auszusuchen. So werden möglichst viele der beschriebenen Stoffe resorbiert, bevor sie evtl. das Grundwasser erreichen.
„Unser Geschirr besteht fast ausschließlich aus Edelstahl,“ hebt Klaus hervor. Daher wird auf den Touren keine Seife benötigt, denn es ist ausreichend, Essensreste zu entfernen, Wasser im Topf zu erhitzen und mit Sand oder Stahlwolle möglichst heiß abzuwaschen. Müll, der nicht vermieden werden kann, wird bereits auf der Tour vorsortiert und an der nächsten Basisstation nach dem schwedischen Mülltrennungssystem entsorgt.
„Nicht stören, nicht zerstören.“ lautet die Faustregel des Jedermannsrecht in Schweden, das Rucksack Reisen mit seinem Engagement weit übertrifft. Fasziniert von der Klarheit der schwedischen Wassertropfen und dem einmaligen Panoramablick, frage ich mich, ob ich immer noch träume. Was glaubt Ihr?
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Keine Spuren zu hinterlassen und weder Natur noch Wasser bei der Durchreise in irgendeiner Weise zu verändern – ein scheinbar schwer erreichbares Ziel. Umso spannender ist es, zu lesen, wie Rucksack Reisen dieses Motto umsetzt 🙂