Per Fähre & Zug nach Helsinki
145.800 Sekunden. Dies ist die Zeit, die es benötigt, erdgebunden – ohne Flugzeug, sondern mit Zug und Fähre – von Kiel nach Helsinki zu reisen. Dies entspricht 1 Tag, 16 Stunden und 30 Minuten. In dieser Zeit erlebt man eine außergewöhnliche Anreise in der Kombination aus Seefahrt und Zugreise, die nicht nur ökologischer als das Fliegen ist, sondern auch entspannt ans Ziel bringt. Vorausgesetzt, man wählt den direkten Weg, denn dazwischen liegen zahlreiche Orte, die für einen längeren Zwischenstopp durchaus geeignet sind. Dadurch wird die Anreise selbst zur Reise und ein ganz besonderes Erlebnis. Ich bin auf diese Weise innerhalb von fünf Tagen von Kiel nach Helsinki – und wieder zurück – gereist.
1. Etappe: mit der Fähre nach Göteborg
Die Reise beginnt in der norddeutschen Hafenstadt Kiel. Der am Hauptbahnhof gelegene Hafen ist zu Fuß erreichbar, sodass ich bequem mit der Bahn anreisen konnte. Ein schnelles und unkompliziertes Boarding auf die Fähre, welche um 17:45 Uhr aus dem Hafen ausläuft, setzt den Beginn einer entschleunigten Reise in die finnische Hauptstadt. Der erste Zwischenstopp führt mich ins schwedische Göteborg. Doch zunächst heißt es: Leinen los, Kiel! Also schnell Gepäck in die Kabine bringen und raus an Deck. Hier bin ich nicht die Einzige, und Aufregung und Vorfreude liegen in der Luft. Bei strahlendem Sonnenschein stehe ich auf Deck und sehe dabei zu, wie Kiel langsam hinter uns verschwindet. Dank der warmen Frühlingssonne lässt es sich hier lange aushalten und der Blick auf das glatte Wasser und die untergehende Sonne lösen direkt eine entspannte Urlaubsstimmung bei mir aus.
Meer soweit das Auge reicht
Die Kabinen an Bord der Fähre bieten mir den nötigen Komfort und alles was ich brauche, um am nächsten Morgen ausgeruht in Schweden anzukommen. Das Brummen des Schiffs wirkt entspannend und lässt mich schnell einschlafen, der Seegang ist kaum spürbar. Als ich am nächsten Morgen aufwache, ist es noch früh. Ein Blick aus dem Fenster, und das erste, was ich an diesem Tag sehe ist: Wasser. Die Sonne geht gerade auf und ich mache mich schnell auf den Weg an Deck und genieße in Ruhe die ersten Strahlen des Tages. Die meisten Passagiere schlafen noch oder sind auf dem Weg zum Frühstück. Ich genieße jedoch erst einmal die Aussicht, Land ist in der Ferne noch keins zu entdecken.
Göteborg: Wechsel von der Fähre in den Zug
Nach dem Frühstück packe ich schnell meine Sachen, um pünktlich für das Anlegen in Göteborg draußen an Deck zu sein. Sanft legt die Fähre am Hafen an. Es ist Zeit meine Sachen zu holen und das Schiff zu verlassen. In Göteborg bleibt mir leider nicht viel Zeit für Besichtigung (das nächste Mal werde ich hier definitiv eine Nacht länger bleiben, bevor ich weiterreise). Der Bahnhof in Göteborg ist mit der Straßenbahn zum Glück schnell zu erreichen. Von dort aus nehme ich den Zug nach Stockholm. Selten bin ich so bequem und entspannt mit dem Zug gereist. Auf der dreistündigen Fahrt genieße ich die schwedische Landschaft mit ihren vielen Wäldern und Seen. Selten habe ich bei einer Zugfahrt so viel Zeit einfach nur aus dem Fenster geschaut und die Fahrt genossen.
Von Stockholm per Fähre nach Helsinki
In Stockholm angekommen nutze ich den Bustransfer vom Bahnhof zum Hafen. Da ich Stockholm bereits kenne, reise ich noch am selben Tag weiter. Ein bisschen schade finde ich es aber doch, denn diese Stadt hat wirklich viel zu bieten, und das Wetter ist mehr als einladend, um durch Gamla stan zu schlendern und Fika am Wasser zu genießen. Nichtsdestotrotz freue ich mich auf die nächste Etappe meiner Reise, denn es geht endlich nach Helsinki. Also schnell an Bord der Fähre und wieder hoch an Deck. Das Auslaufen des Schiffs aus Stockholm sollte man wirklich nicht verpassen. Während die Häuser der Stadt und die Fahrgeschäfte des Vergnügungsparks Gröna Lund immer kleiner werden, bahnt sich die Fähre gemächlich ihren Weg vorbei an zahlreichen Schäreninseln. Schöner kann ein Sonnenuntergang meiner Meinung nach kaum sein.
Tagesausflug in Helsinki
Nach einer erholsamen Nacht erreichen wir schließlich die finnische Hauptstadt Helsinki. Noch bevor man festen Boden unter den Füßen hat, spürt man bereits die Vorfreude auf die Stadt. Doch statt sich sofort ins Getümmel zu stürzen, nehme ich mir die Zeit, die Stadt von oben zu genießen und die ersten Eindrücke aufzusaugen. Da ich abends die selbe Fähre wieder zurück nach Stockholm nehme, kann ich mein Gepäck in der Kabine lassen und meine Erkundungstour beginnen. Obwohl es in Helsinki etwas frischer als in Schweden ist, fühlen sich die 17 Grad bei Sonnenschein angenehm warm an. Und natürlich reicht dies für die Finninnen und Finnen völlig aus, um im Meer schwimmen zu gehen. Schließlich haben sie ja die Sauna!
Frühlingsluft in der lebendigen Stadt
In Helsinki ist einiges los, man merkt, dass die Einwohner:innen das schöne Wetter genießen und es sie nach draußen zieht. Überall treffen sich Student:innen (sie sind leicht an ihren bunten Overalls zu erkennen, welche in Skandinavien zur Studierendenkultur gehören) und sitzen gemeinsam mit ihren Getränken im Park. Dadurch wirkt die Stadt lebendig, aber nicht hektisch. Die Innenstadt Helsinkis lässt sich vom Hafen aus gut zu Fuß erkunden und obwohl ich nur ein paar Stunden dort bin, habe ich das Gefühl, einen ersten Eindruck erhalten zu können. Am Senatsplatz im Zentrum finden sich nicht nur der prägnante weiße Dom, welchen man schon von der Fähre aus gut erkennen konnte, sondern auch das alte Senatsgebäude, das Hauptgebäude der Universität Helsinkis sowie das Sederholm-Haus, das älteste Steingebäude Helsinkis
Meine persönlichen Highlights Helsinkis
Besonders gut hat mir die Zentralbibliothek Oodi gefallen. Nicht nur die moderne Architektur ist einen Besuch wert, die Bibliothek ist von innen eine wahre Schatzkammer! Nach einem Abstecher in der Felsenkirche nördlich des Stadtzentrums (die Kirche wurde in einen Granitfelsen gebaut), muss ich dann den Weg Richtung Hafen antreten. Der Tag verging viel zu schnell und gerne hätte ich noch etwas mehr Zeit in Helsinki verbracht.
Erholung auf der Rückfahrt
Zurück auf der Fähre (wer hätte es gedacht) verfolge ich das Auslaufen an Deck. Das Reisen auf dem Wasser hat eine ganz entspannende Wirkung auf mich und obwohl es nun auf Rückreise geht, fühlt es sich immer noch nach Urlaub an. Obwohl es eine Fähre von Helsinki nach Deutschland gibt, reise ich dieselbe Strecke zurück. So wache ich morgens wieder in Stockholm auf, fahre mit dem Zug nach Göteborg und nehme von dort die Fähre zurück nach Kiel. Hier komme ich früh morgens an. Ich bin ausgeschlafen und der ganze Tag liegt noch vor mir, eine kurze aber vollkommen gelungene Reise hinter mir.
Der Weg ist das Ziel
145.800 Sekunden hin, 145.800 Sekunden zurück. 145.800 Sekunden die mir gezeigt haben, dass die Anreise genau so wichtig ist, wie das Ziel selbst. Ohne Hektik konnte ich so nicht nur neue Orte entdecken, sondern auch die Landschaft genießen und neue Menschen kennenlernen.
Warum langsam reisen die Zeit Wert ist
Eine Reise von Kiel nach Helsinki mit der Fähre und dem Zug ist mehr als nur ein einfacher Transport. Jeder einzelne Abschnitt der Reise – sei es die ruhige Fährüberfahrt oder die beschauliche Zugfahrt durch die schwedische Landschaft – wird zu einem Teil des Gesamterlebnisses und hinterlässt bleibende Erinnerungen. Ich werde in Zukunft definitiv mehr Zeit für die Anreise einplanen. Was mir bisher immer als etwas anstrengend erschien, war auf dieser Reise so schön, ich würde am liebsten sofort nochmals die gleiche Strecke zurücklegen.
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