Der Natur entkommst du nicht – eine Städtereise per Bahn durch Finnland
Städtereise mal anders: Komm mit auf eine Entdeckungsreise mit der Bahn durch das Land der Tausend Seen mit Besuchen im „Manchester“ von Finnland, in der alten Hauptstadt Turku und in der coolen Metropole Helsinki.
Wir wollten mal etwas anderes machen. Dass Finnland wunderschöne Natur zu bieten hat, ist weithin bekannt. Wälder und Seen, Ruhe und Einsamkeit sind das, was der geneigte Finnlandreisende in der Regel sucht und findet. Was dabei jedoch häufig hintenüber fällt, sind finnische Städte. Kultur und Architektur, Design und coole Läden, innovative Restaurants und moderne Mobilität. Aber keine Natur. Oder doch? Wir machen uns auf, das urbane Leben in Finnland einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Die drei großen Städte im Süden Finnlands haben wir uns vorgenommen: Tampere, Turku und Helsinki – sie liegen per Bahn nur jeweils zwei bequeme Stunden voneinander entfernt. Nach einer entspannten Schiffsreise über die Ostsee mit der Fähre von Lübeck-Travemünde direkt nach Helsinki starten wir also unsere urbane Rundtour durch den Süden von Finnland.
Mit Öffis durch das Land der tausend Seen
Mit Öffis fahren wir ziemlich zügig per Bus und Metro vom Fährhafen Vuosaari im Osten von Helsinki zum Bahnhof mitten im Zentrum. Das Ticket gibt es in der App vom Betreiber des ÖPNV im Großraum Helsinki oder am Ticketautomaten. Selbstverständlich sind App und Automat auch auf Englisch – sodass man auch ohne Finnischkenntnisse klarkommt.
Auch der Bahnhof – Rautatieasema – in Helsinki empfängt Auswärtige mit Mehrsprachigkeit. Hinweisschilder und Monitoranzeigen sind mindestens dreisprachig: Finnisch, Schwedisch, Englisch, sodass wir schnell unsere Sorge vor Kommunikationsproblemen in Finnland verlieren. Unsere Bahn ist pünktlich und wir machen es uns bequem auf den reservierten und erstaunlich breiten Sitzen. Die finnische Bahn ist aus unserer mitteleuropäischen Sicht ausgesprochen komfortabel und das Bahnfahren im Land der tausend Seen macht einfach nur Freude.
Industrielles Erbe dank Wasserfall in Tampere
Unser erster Stopp führt uns in die alte Industriestadt Tampere. Eingekuschelt zwischen den Seen Pyhäjärvi und Näsijärvi liegt die drittgrößte Stadt des Landes im südwestlichen Inland. Mit knapp einer viertel Million Einwohnern ist man hier schon mittendrin statt nur dabei. Oder oben drüber, je nachdem. Aus der Bar im 25. Stock unseres Hotels lässt sich prima ein erster Überblick über die Stadt verschaffen. Wuselige Straßenzüge, Kirchtürme und Schornsteine, ein Stadion und ein Vergnügungspark, umrahmt durch die beiden Seen mit ihren zahlreichen Inseln und bewaldeten Ufern, so groß, dass ihr Blau mit dem fernen Horizont verschmilzt. Soweit nichts Ungewöhnliches für Finnland.
Eine Stadt zum Bewundern
Doch es ist etwas anderes, dass unsere Aufmerksamkeit schnell auf sich zieht, das wahre Herz der Stadt. Wir leihen uns Fahrräder, um der Sache auf den Grund zu gehen. Rauch steigt aus mächtigen backsteinernen Schornsteinen über einem pulsierenden Gewässer auf, das sich wie eine Schlange vom höher gelegenen Näsijärvi zum tiefer gelegenen Pyhäjärvi durch das Zentrum windet. Der Tammerkoski, die „Stromschnelle von Tampere“, ist nach wie vor wichtiger Bestandteil des industriellen Erbes der Stadt. Schon zu Gründungszeiten Tamperes im 18. Jahrhundert profitierten die erste Papierfabrik Finnlands und diverse Fabriken der Textilindustrie von der Energie des zunächst nur natürlichen, und später dann gestauten Gewässers. Heute beherbergen die ehemaligen Baumwollfabriken Cafés, Museen und ein Kino, während die Papiermühle noch immer weiße Wölkchen gen Himmel schickt. Beeindruckend!
Ein kleiner Snack bei toller Aussicht
Wir radeln nach Westen. Durch den Park Atlaspuisto gelangen wir in den Stadtteil Pyynikki, auf dessen höchstem Punkt ein Aussichtsturm liegt, den wir zu unserem Ziel erklärt haben. Doch was ist das? Hier wird es ja richtig bergig! Schuld ist die Eiszeit, aber irgendwoher muss der Höhenunterschied zwischen den Seen ja kommen… Zur Belohnung gibt es nach dem kurzen Anstieg eine wunderbare Aussicht und auf die Faust einen Munkki, ein traditionelles Gebäck der Region mit reichlich Zucker und Kardamom. Schmeckt uns!
Kunst-Inseln in Turku
Ortswechsel. In weniger als zwei Stunden hat uns die finnische Bahn bequem in die älteste Stadt Finnlands, die Universitätsstadt Turku an der Südwestküste gebracht. Trotz der für finnische Verhältnisse geringen Distanz zeigt sich ein merklicher Unterschied. Turku ist zweisprachig, neben Finnisch wird hier auch Schwedisch gesprochen. Turkus schwedischer Name ist Åbo. Und Turku liegt am Meer. Ein Archipel von bis zu 20.000 Inseln und Inselchen erstreckt sich von den Toren der Stadt bis hin zu den Åland Inseln, kahl oder bewaldet, bewohnt oder nicht. Zwei der größeren sind von der Stadt aus gut zu erreichen und laden zum Spazieren gehen, Radfahren und Verweilen ein. Wir besuchen eine ökumenische Kunstkapelle auf der Insel Hirvensalo, die so schön ist, dass sogar Kirchenmuffel sich ihrem Bann nicht entziehen können. Schlicht und schnörkellos, erfüllt mit Licht und dem wunderbaren Duft von Holz. Wir radeln vom Zentrum durch grüne Wälder hinaus auf die Halbinsel Ruissalo, vorbei an Anglern und bunten Sommervillen, und entdecken in verborgenen Buchten traumhafte Strände.
Auf einem Bootssteg am Wasser machen wir es uns bequem. Gemütlich dösen wir in der Sonne, während das Wasser unter uns leise plätschert und den Steg in eine Wiege aus warmem Holz verwandelt. Für den Weg zurück ins Zentrum nehmen wir den Wasserbus, ein winziges und wirklich niedliches Schiffchen im Liniendienst. Wir schlendern auf der Promenade entlang des Flusses Aurajoki, vorbei an großen und kleinen, alten und neuen Schiffen, Cafés und Restaurants. Gut gelaunt lassen wir den Abend in einem lauschigen Restaurant am Fluss ausklingen. Leckeres Essen, geselliges Treiben und helle Nächte – ach, wäre doch immer und überall finnischer Sommer!
Sauna geht immer
Das Wetter in Helsinki meint es leider gar nicht gut mit uns, es ist kalt und ungemütlich, als wir nach einer kurzen Bahnfahrt aus der alten Hauptstadt in der neuen ankommen. Doch nicht verzagen, Finnland kennt Abhilfe! Nach kurzen Wegen zu Fuß von der beeindruckenden Zentralbibliothek Oodi ganz in Bahnhofsnähe zum Amos Rex Museum für zeitgenössische Kunst und weiter zum Designmuseum, entscheiden wir uns spontan für einen Besuch in einer öffentliche Sauna. Mollig warm und urgemütlich ist es, zusammen mit den anderen Saunagästen im Entspannungsraum um den Ofen zu sitzen und dem Wetter dabei zuzusehen, wie es sich vor den großen Fenstern austobt. Der Bummel durch die Markthallen am nächsten Tag darf genauso wenig fehlen wie ein Blick auf den immer überfüllten, aber immer wunderschönen Domplatz, und zumindest für uns führt kein Weg an einer neuen Mumin-Tasse vorbei, noch weniger am Regal mit Salmiakki – finnischen Lakritzen. Was sollen wir sagen? Stadturlaub in Finnland per Bahn macht richtig Spaß. Und wenn es doch mal zu viel Kultur werden sollte, ist die Natur zum Glück nie wirklich weit weg.
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